In den nächsten Jahren soll rund um den Bahnhof Gleisdreieck ein Büro- und Gewerbeareal mit sieben Hochhäusern und einer Gesamtfläche von 119.000 m² Bruttogeschossfläche entstehen. Dagegen ist einiges einzuwenden!
Elf Initiativen haben am 14. April 2021 gemeinsam im Stadtentwicklungsauschuss des Bezirks Kreuzberg ihre Kritik am Vorhaben vorgetragen, um transparent zu machen, was im Park am Gleisdreieck geplant ist. Dabei haben sie zahlreiche Mängel im Planungsprozess aufgezeigt sowie die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob ein derartiges Projekt in Zeiten von Klimakatastrophe und Mietennotstand noch zeitgemäß ist.
Die Kritik hat gewirkt. Im Anschluss an die Vorträge wurde das Projekt vorerst gestoppt. Ursprünglich hatte der Leiter des Stadtentwicklungsamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Herr Pechskamp, angekündigt, die Abwägung zum südlichen Teil des Bebauungsplan sollte im April 2021 durch den Stadtentwicklungsausschuss abgesegnet werden, dann im Mai 2021 durch die Bezirksverordnetenversammlung. Danach wäre die sogenannte „Baureife“ gegegeben gewesen, hätten die Bauarbeiten noch im Jahr 2021 begonnen werden können. Dazu kam es nicht – glücklicherweise. Wie es weitergeht ist, noch nicht klar. Im Koalitionsvertrag vom Novmber 2021 wurde das Projekt in Frage gestellt. Art und Maß der Nutzung sollten nochmal überprüft werden.
Die 11 kritischen Vorträge
Die 11 Vorträge vom April 2021 im Stadtenwicklungsausschus werden hier stichwortartig wiedergegeben. Die ausführliche Fassung mit allen Texten und Bildern ist hier als PDF-Dokument erhältlich.
- Angela Laich vom Bündnis Stadtnatur K61 sprach unter der Überschrift “Erst Roden, dann Begutachten“ über das Artenschutzgutachten.
- Achim Appel vom Verein Bäume am Landwehrkanal e.V. wendete sich gegen die 100%ige Versieglung des Bauvorhabens, durch das die Ableitung des Regenwasser in die Kanalisation notwendig wird, die dann bei Starkregen überlauft und sich in den Landwehrkanal entlastet, was dort zu Fischsterben führt.
- Manfred Schubert, Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V., wendete sich gegen die ungenügende Begrünung der Dach- und Fassadenflächen und äußerte sich zum Problem des Vogelschlags. Schätzungsweise 100 bis 150 mio. Vögel sterben jährlich in Deutschland an den Glasflächen von Hochhäusern!
- Heike Jacobsen, Verein Möckernkiez e.V., Jutta Werdes vom Quartiersrat Schöneberger Norden und Regine Wosnitza, von der IG Potsdamer Straße zeigten wie die Aufenthaltsqualität im Park unter Hochhausbebauung leiden wird. Und sie kritisierten die Gutachten zum Klima und Windkomfort, die von falschen Grundlagen ausgehen.
- Norbert Rheinlaender, Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., erläuterte die Bedeutung des Ortes für den Denkmalschutz, die von den Autoren des Bebauungsplans ignoriert wird.
- Patrick Vater, von der Anwohnerinitiative Schöneberger-Luckenwalder Straße widersprach den offiziellen Verkehrsgutachten, die eine reibungslose Erschließung über die kleinen Zufahrtsstraßen voraussagen – allerdings unter der Voraussetzung das keiner in der zweiten Reihe parkt.
- Dr. Volker Kreibich, Stadteil-Forum Tiergarten Süd, zeigte dass nach dem Hochhausleitbild der Standort grundsätzlich ungeeignet wäre und erläuterte, dass im Katastrophenfall die Enge zwischen Hochhäusern und Bahnlinien eine große Herausforderung darstellt.
- Jörg Borchardt, Stadteil-Forum Tiergarten Süd, stellte in Frage, ob nach Corona noch so viel Büroraum gebraucht wird und zeigte, dass – auch laut Lärmgutachten – an bestimmten Stellen Wohnen durchaus möglich wäre.
- Matthias Bauer, Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., wendete sich gegen das immense Bauvolumen. Allein durch die Herstellung des Rohbaus der Urbane Mitte Süd würden ca. 15.000 Tonnen CO2 emittiert. Das im städtebaulichen Vertrag von 2005 vorgesehene Maß der Bebauung würde weit überschritten.
- Norbert Rheinländer, Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck e.V., kritisierte den Städtebau, der mit den Hochhäusern den Potsdamer Platz in das Gleisdreieck hinein verlängert.
- Rainer Bohne, Stadtplaner, erläuterte, auf welch auf wackligen Füssen das Projekt planungsrechtlich steht.